The educated Tanguero

Essential Tango Knowledge

Tango DJing 3.1: Klassifikation von Tango Musik

| 0 comments

Ohne Tango Musik kann man nicht DJen und ohne richtig viel Tango Musik kann man eine Milonga nicht strukturieren. Also müssen Tango DJs Musik sammeln. Darüberhinaus braucht der Tango DJ eine gute Wissensbasis über Tango Musikgeschichte und insbesonders über die grossen Orchester der EDO.

Tango Musik wird von kleinen bis großen Orchestern gespielt. Minimalistische Interpretationen wie Bandoneon solo oder auch die gesungenen Lieder von Gardel können richtige musikalische Kostbarkeiten sein, werden aber nur extrem selten auf einer Milonga erscheinen. Das gilt auch für manche Duos wie Troilo/Grela oder Ziegler/Sinesi. Das traditionelle Tango Orchester ist ein Sextett (2 Violinen, 2 Bandoneons, Klavier, Bass) und wurde während der EDO auf riesige Orchesterstärken mit 10-20 Musikern erweitert. Zum Tanzen werden die großen Orchester ab etwa 1930 gespielt. Die Tango Musik kann historisch in mehrere phasen klassifiziert werden. Das aktuell gültige Schema hierzu stammt von H.Ferrer [1] und sieht so aus:

– Ursprünge des Tangos (1865-1895)

– Guardia vieja  (1895 -1925)

– – Entstehung (1895-1925)

– – Formalisierung (1910-1925)

– Guardia nueva (1925-1955)

– – Transformation (1925-1940)

– – Die Vierziger: Die hohe Zeit (1940-1955)

– Modernisierung (1955-1970)

– Moderner Tango (1970-2000)

– – Globalisierung (1970-1985)

– – Perduration (1985 – 2000)

– Aktuelle periode (2000-heute)

Das ist eine sinnvolle Klassifizierung, wenn man den Tango als Gesamtbild betrachtet. Wenn man allerdings versucht, ein Tango Orchester in eine dieser Kategorien zu klassifizieren, wird es schwer, denn Orchester haben sich oft entwickelt und sich unterschiedlichen historischen Phasen angepasst.

Der Tango hatte sein goldenes Zeitalter während der vierziger Jahre, also wurde dieser Zeitraum mit dem Begriff Epoca de Oro (Golden Age oder EDO abgekürzt) oder einfach als Cuarentas (oder auch El Cuarenta) bezeichnet. In der oben aufgeführten Klassifikation gibt es diesen Begriff nicht, er wurde absichtlich vermieden und unter Guardia nueva als “Guardia nueva: El Cuarenta: la exaltacion” klassifiziert. Weiterhin müssen wir beachten, dass es zwischen der Guardia vieja eine Übergangsperiode von ca. 1925-1940) gab. In dieser Zeit wurden die Orchester gebildet und das nötige Handwerkszeug für Arrangement und Interpretationspraxis geschaffen.

 

  1. Guardia vieja (bis 1925)
  2. Übergangszeit zur EDO (20er bis 30er)
  3. EDO (späte 30er bis 50er)
  4. Post EDO (50er)
  5. Tango Nuevo (60er bis 70er)
  6. Renaissance des Tango (80er und 90er)
  7. Moderner Tango (2000 bis heute)

 

Ein Tango DJ kann Musik aus allen diesen Phasen spielen, es gibt aber Begrenzungen im Hinblick auf Praktikabilität. Von der Guardia Vieja gibt es nur wenige Tonquellen und diese haben meist eine schlechte Qualität (z.B.: Juan Maglio “Pacho”, Eduardo Arolas). Hinsichtlich der Tanzbarkeit sind sie nur begrenzt verwendbar. Das bedeutet, sie sind nur selten auf Milongas zu hören und DJs werden sie nur hin und wieder einmal spielen, sie sind also kein konstanter Teil der üblichen Milonga Musik. Sehr frühe EDO Musik aus der Übergangszeit kann aber gerne gespielt werden, insbesondere weil sowohl die akustische als auch die tänzerische Qualität deutlich besser ist. Beispiele hierfür wären Julio de Caro, Frühwerke von Canaro und Firpo, aber auch Label Orchester wie OT Victor oder OT Brunswick.Beliebt sind diese frühen Tangointerpretationen insbesondere in Europa, in Argentinien sind sie auf Milongas eher nicht verbreitet. Die Musik der zentralen EDO wird in Milongas überall auf der Welt gespielt und ihre Orchester werden uns daher noch in einem späteren Beitrag beschäftigen. Gegen Ende der EDO in 1955 und danach haben die Orchester wiederum ihren Stil gewechselt um nun weniger für die Tänzer, sondern mehr für die Zuhörer zu spielen. Orchester dieser Zeit (wie z.B. Hector Varela or Julio Sosa) gibt es in guter Tonqualität (gegen 1958 wurde Stereo eingeführt) aber meist limitierter Tanzbarkeit. Ein DJ muss daher sehr vorsichtig auswählen. Eine weitere Gattung betrifft den Tango Nuevo von Astor Piazzolla, der ausschließlich zum hören ist (selbst Piazzolla bat darum, dass man nicht auf seine Musik tanzen möge). Nichtsdestotrotz gibt es von Piazzolla viele Frühwerke, die sehr tanzbar sind. Nach der Wiedereinführung der Demokratie in Argentinien erlebte der Tango eine Renaissance, sowohl international wie auch national. Neue Orchester wurden gegründet und präsentierten den Tango in frischem, neu überarbeitetem Sound (z.B. Sexteto Mayor, Rodolfo Mederos oder Horacio Salgan). Auch hier ist die Tanzbarkeit limitiert und ein DJ muss sehr vorsichtig und geschmackvoll auswählen.

Heutige Tango Musik kann in zwei Richtungen klassifiziert werden. Einerseits Orchester die dem Stil der alten Meister folgen wie z.B. OT Gente de Tango (Di Sarli), Color Tango (Pugliese) oder viele Orchester die sich an Piazzolla orientieren. Auf der anderen Seite sind Gruppierungen die Tango fusion als Synthese von Tango und modernen elektronischen Rhythmen spielen (z.B. Gotan Project, Otros Aires, Bajofondo).

Ein Tango DJ benötigt daher profundes Wissen über die Musikgeschichte des Tango, guten Geschmack und tänzerische Fähigkeiten (um die Tanzbarkeit zu beurteilen) und natürlich Wissen über die großen EDO Orchester.

Damit werden wir uns im nächsten Kapitel beschäftigen.

Abrazos,

-Richard

 

1  http://es.wikipedia.org/wiki/Tango#Per.C3.ADodo_contempor.C3.A1neo

2  http://www.todotango.com/english/home.aspx

Leave a Reply